Geschichte
Die Staatsbibliothek Bamberg wurde 1803 im Zuge der Säkularisation gegründet und hatte zunächst ihren Sitz im ehemaligen Jesuitenkolleg inmitten der Bamberger Inselstadt, bevor sie 1965 auf den Domberg in die Neue Residenz umzog. Anwachsende Sammlungen und intensive Erschließungstätigkeit prägten die bibliothekarische Arbeit.
Anfänge
Die Geschichte der Staatsbibliothek Bamberg als Institution begann 1802/03 mit dem Übergang des Hochstifts Bamberg an das Kurfürstentum Bayern. Im Zuge der Säkularisation wurden ab 1803 die Buchbestände der aufgelösten Klöster und geistlichen Stifte des vormaligen Hochstifts Bamberg mit der Bibliothek der aufgehobenen Universität Bamberg vereinigt. Die Bücher dieser Einrichtungen gingen in das Eigentum des bayerischen Staats über und wurden in einer eigens gegründeten regionalen Bibliothek zusammengeführt, deren erste Heimat das Kollegienhaus der Jesuiten inmitten der Bamberger Inselstadt, die heutige Teilbibliothek 1 der Universitätsbibliothek Bamberg, war.
Der Name dieser Bibliothek wechselte mit den politischen Verhältnissen in Bayern: Zunächst hieß sie Kurfürstliche, ab 1806 Königliche und ab 1918 Staatliche Bibliothek, bevor sie schließlich 1966 ihren heutigen Namen Staatsbibliothek Bamberg erhielt.
Sechs herausragende Handschriften aus säkularisierten kirchlichen Einrichtungen verblieben jedoch nicht in Bamberg, sondern fielen der Hofbibliothek München zu, der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek.
Der erste Bibliotheksleiter Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847), ein ehemaliger Zisterzienser aus dem Kloster Langheim, formte energisch und streitbar die in Bamberg zusammenströmenden annähernd 60 000 Bände zu einer benutzbaren Sammlung. Er leistete grundlegende und teilweise noch heutige gültige Erschließungsarbeiten durch systematische Ordnung und Aufstellung der Handschriften und Drucke. Außerdem publizierte er Kataloge und zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zu den Bibliotheksbeständen.
Sammlungszuwächse
Da die Bibliothek zunächst keinen Erwerbungsetat hatte, war sie zur Erweiterung ihrer Bestände auf die Einnahmen aus Dublettenverkäufen angewiesen. Im 19. Jahrhundert wurde der Bestand der Staatsbibliothek zudem durch eine beachtliche Zahl an Schenkungen bereichert. So übernahm das Haus einen wesentlichen Teil der Hofbibliothek des wittelsbachischen Herzogs Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken (1746–1795), des ältesten Bruders des späteren ersten bayerischen Königs Max I. Joseph. Diese Bibliothek wird latinisiert als Bipontina bezeichnet.
Hinzu kamen auch Sammlungen von Persönlichkeiten, die mit Bamberg eng verbunden waren, wie die des Sammlers und Kunsthistorikers Joseph Heller (1798–1849), des Medizinprofessors Johann Lukas Schönlein (1793–1864), des Captain der Royal Navy Thomas Dempster Gordon (1811–1894) sowie des Freiherrn Emil Marschalk von Ostheim (1841–1903).
Die Jahre 1874 bis 1924 markierten eine Periode der Konsolidierung. Der Bibliotheksleiter Friedrich Leitschuh (Direktor 1874–1898) begann mit der Veröffentlichung des Handschriftenkatalogs, den dann sein Mitarbeiter und Nachfolger Hans Fischer (Direktor 1898–1924) in einer heute noch als vorbildlich geltenden Form vollendete. 1966 erschien dann noch ein Nachtragsband von Fridolin Dreßler mit den Erwerbungen seit 1912.
Im Jahr 1941 wurden zum Schutz vor Kriegseinwirkungen 15 Kisten mit 619 hochwertigsten Pergamenthandschriften, 16 Frühdrucken sowie zwei großen Mappen mit graphischen Blättern und Einblattdrucken über eine kurze Zwischenstation in der Bayerischen Staatsbibliothek München nach Schloss Neuschwanstein und später weiter nach Schloss Hohenschwangau verbracht. Von dort gelangten die Kisten im Juni 1946 wieder zurück nach Bamberg – vollständig und in unversehrtem Zustand. Weitere Auslagerungen erfolgten nach Scheßlitz sowie in andere Räume innerhalb der Bibliothek selbst. Sowohl die Bestände als auch das Gebäude blieben im Zweiten Weltkrieg von Verlusten und Beschädigungen verschont.
Eine durch Personal- und Geldmangel bedingte Stagnation in der Zeit vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg endete, als sich der Freistaat Bayern nach 1948 entschieden auch der Bibliotheken in den Regionen annahm. Unter den Bibliotheksleitern Curt Höfner (Direktor 1946–1952) und Alois Fauser (Direktor 1953–1958) wurde die Bibliothek kräftig belebt, der Stellenplan im einfachen bis gehobenen Dienst vermehrt.
In der Neuen Residenz
Im Jahr 1965 zog die Bibliothek aufgrund eklatanten Platzmangels in die Neue Residenz auf dem Domberg um. Unter Fridolin Dreßler (Direktor 1958–1967) kam es zu einer grundlegenden Reorganisation und Modernisierung der Staatsbibliothek. Dreßler erklärte außerdem E. T. A. Hoffmann zum Spezialsammelgebiet und legte damit den Grundstein für eine der größten Hoffmann-Sammlungen weltweit, die unter seinen Nachfolgern kontinuierlich ausgebaut wurde.
Seit 1986 wird der Bestand an illuminierten Handschriften des Mittelalters in einem von Bernhard Schemmel (Direktor 1984–2005) initiierten und von der DFG geförderten Projekt erschlossen und in wissenschaftlichen Katalogen der Forschung zugänglich gemacht. Als eine der ersten staatlichen Bibliotheken Bayerns begann die Staatsbibliothek Bamberg mit der systematischen Digitalisierung und Online-Bereitstellung ihrer historischen Bestände.
Neben den eigenen Beständen beherbergt und verwaltet die Staatsbibliothek die Büchersammlungen einiger Bamberger Vereinigungen als Deposita, so die des Historischen Vereins Bamberg, der Naturforschenden Gesellschaft, der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft und der Bamberger Gruppe des Frankenbundes.
Chronologischer Überblick
1803 | Gründung als Kürfürstliche Bibliothek und Unterbringung im Kollegienhaus der Jesuiten inmitten der Bamberger Inselstadt. | |||||
1807–1808 | Mit den 11 400 Bänden des Bipontina-Bestandes wird ein wesentlicher Teil der Hofbibliothek des wittelsbachischen Herzogs Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken (1746–1795) übernommen. | |||||
1849 | Die umfangreiche und wertvolle Graphiksammlung des Bamberger Kunsthistorikers Joseph Heller (1798–1849) sowie eine darauf abgestimmte Bibliothek von rund 6 000 Bänden gehen nach dessen Tod in den Besitz der Staatsbibliothek über. | |||||
1887 | Der erste Band des Handschriftenkatalogs von Friedrich Leitschuh erscheint. | |||||
1903 | Emil Marschalk von Ostheim (1841–1903) vermacht der Staatsbibliothek testamentarisch seine Graphiksammlung und seine Bibliothek mit vorwiegend genealogischer, heraldischer sowie lokal- und revolutionshistorischer Literatur. | |||||
1965 | Die Bibliothek zieht aufgrund eklatanten Platzmangels in die Neue Residenz auf dem Domberg um. | |||||
1966 | Mit Band 4 (Erwerbungen seit 1912) findet der seit 1887 erschienene Katalog der Handschriften seinen Abschluss. | |||||
1975 | Ein Kooperationsabkommen mit der Universitätsbibliothek Bamberg regelt eine abgestimmte Erwerbungspolitik, den Ausleihverbund sowie die bibliothekarische Ausbildung. | |||||
1978 | Der ehemalige Weinkeller wird zu einem Büchermagazin umfunktioniert, das mit rund 7 000 Regalmetern Platz für gut 200 000 Bücher bietet. | |||||
1987 | Die Staatsbibliothek Bamberg wird Pflichtexemplarstelle für alle in Oberfranken erscheinenden Publikationen. | |||||
1993 | Umbau des Scagliolasaals im Erdgeschoss der Neuen Residenz zu einem modernen Ausstellungsraum. | |||||
1997 | Mit eigenen Webseiten beginnt das Internetzeitalter. | |||||
1999 | Die Staatsbibliothek Bamberg startet mit der elektronischen Ausleihverbuchung. | |||||
2000 | Anlässlich ihrer Faksimilierung können erstmals alle Einzelblätter der Bamberger Apokalypse im Rahmen einer Ausstellung gezeigt werden. 20 000 Besucher nutzen diese einmalige Gelegenheit. | |||||
2003 | Die Bamberger Apokalypse sowie der Kommentar zum Hohelied, zum Buch der Sprichwörter und zum Buch Daniel, zwei Reichenauer Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg, werden in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. | |||||
2007 | Mit der Installation eines Grazer Buchtisches beginnt die Digitalisierung der Kaiser-Heinrich-Bibliothek, die 2012 abgeschlossen werden kann: Rund 50 000 Pergamentseiten können nun online betrachtet werden. | |||||
2008 | Die Staatsbibliothek Bamberg führt ein elektronisches Erwerbungssystem ein. | |||||
2011 | Unterstützt von der Verbundzentrale des Bibliotheksverbunds Bayern entwickelt die Staatsbibliothek das Online-Portal „Bamberger Schätze“ und präsentiert thematisch geordnet ausgewählte Handschriften, alte Drucke und Graphiken aus ihrem Bestand. Seit dem Relaunch 2021 werden jährlich über eine Viertelmillion Zugriffe auf die mit zahlreichen Zusatzinformationen angereicherten Digitalisate verzeichnet. | |||||
2013 | Das Lorscher Arzneibuch der Staatsbibliothek Bamberg wird in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. | |||||
2014 | Da die Magazinkapazitäten in der Neuen Residenz am Domplatz völlig ausgeschöpft sind, wird ein Teil der Bestände in ein neu angemietetes Außenmagazin verlagert. | |||||
2015 | Die Staatsbibliothek Bamberg übernimmt drei hochkarätige mittelalterliche Handschriften aus Schloss Weißenstein in Pommersfelden: Ein Corveyer Evangeliar (Msc.Add.3000), eine Nachzeichnung des Bamberger Rationale (Msc.Add.3001) und ein wohl aus dem Bamberger Dom stammendes Graduale (Msc.Add.3002). | |||||
2017 | Mit dem Ziel, die Sammlung des Bamberger Kunstgelehrten und Sammlers Joseph Heller (1798–1849) für Nutzung und Forschung bestmöglich zugänglich zu machen, startet ein drittmittelgefördertes Projekt, in dessen Rahmen die Bibliothek ausgewählte Graphikbestände sowie die gesamte Korrespondenz digitalisiert, erschließt und online bereitstellt. | |||||
2019 | Die Staatsbibliothek Bamberg beteiligt sich an einem Google-Projekt zur Massendigitalisierung ihrer urheberrechtsfreien historischen Drucke. Der Abschluss des Bamberger Projekts ist für ca. 2024 vorgesehen. | |||||
2020–2022 | Um die teils massiven Beeinträchtigungen des Bibliotheksbetriebs vor Ort in Folge der Covid-19-Pandemie abzufedern, startet die virtuelle Vortragsreihe „Bamberger Buch-Geschichten“. Zudem erscheint der Ausstellungskatalog „Joseph Heller und die Kunst des Sammelns“ auch als interaktives E-Book. | |||||
2024 | Die Staatsbibliothek Bamberg nimmt eine neue Bibliothekssoftware in Betrieb. Der gemeinsame Bibliothekskatalog und der Ausleihverbund mit der Universitätsbibliothek Bamberg können nicht forgeführt werden. |
Bibliotheksleitung
1803–1813 | Konrad Frey (1764–1813), Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847) und Alexander Schmötzer (1748–1815) | |||||
1813–1815 | Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847) und Alexander Schmötzer (1748–1815) | |||||
1815–1847 | Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847) | |||||
1848–1874 | Michael Stenglein (1810–1879) | |||||
1874–1898 | Friedrich Leitschuh (1837–1898) | |||||
1898–1924 | Hans Fischer (1859–1941) | |||||
1924–1945 | Max Müller (1880–1953) | |||||
1946–1952 | Curt Höfner (1899–1980) | |||||
1953–1958 | Alois Fauser (1906–1987) | |||||
1958–1967 | Fridolin Dreßler (1921–2013) | |||||
1967–1984 | Wilhelm Schleicher (1925–1985) | |||||
1984–2005 | Bernhard Schemmel (1940–) | |||||
2006–2016 | Werner Taegert (1950–) | |||||
2016– | Bettina Wagner (1964–) |
Literatur
Jaeck, Heinrich Joachim: Vollständige Beschreibung der öffentlichen Bibliothek zu Bamberg. Bamberg, 1831–1835 (Katalog).
Leitschuh, Friedrich: Führer durch die Königliche Bibliothek zu Bamberg. 2., neu bearb. und verm. Aufl. Bamberg, 1889 (Digitalisat).
Fauser, Alois; Gerstner, Hermann: Aere perennius. Jubiläums-Ausstellung der Staatlichen Bibliothek Bamberg zur Feier ihres 150jährigen Bestehens. Bamberg, 1953 (Digitalisat).
Schemmel, Bernhard: Staatsbibliothek Bamberg. Handschriften, Buchdruck um 1500 in Bamberg, E. T. A. Hoffmann. Bamberg, 1990 (Digitalisat).
Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Bd. 11 (1997), S. 127–140 (Online-Angebot).
Schemmel, Bernhard: Bamberg – ein Modell? Die Staatsbibliothek im Gefüge des Bamberger Bibliothekssystems. In: Bibliotheksforum Bayern 27 (1999), S. 163–179 (Katalog).
Die Staatsbibliothek Bamberg 2005–2015. Bamberg, 2016 (Digitalisat).