Provenienzen

Die historischen Bestände der Staatsbibliothek spiegeln die Geschichte des Büchersammelns in Bamberg und Oberfranken vom Mittelalter bis in die Moderne. Die Provenienzen von Handschriften und alten Drucken werden in gedruckten Katalogen und Datenbanken dokumentiert.

Klöster

Bei der Säkularisation 1802/03 wurden Handschriften und Drucke aus zahlreichen Klöstern und kirchlichen Institutionen in Bamberg in den Bestand der heutigen Staatsbibliothek überführt:

  • Benediktinerabtei Michaelsberg
  • Dominikanerkloster
  • Dominikanerinnenkloster zum Heiligen Grab
  • Domkapitel
  • Franziskanerkloster
  • Kapuzinerkloster
  • Karmelitenkloster
  • Klarissenkloster
  • Stift St. Gangolf
  • Stift St. Jakob
  • Stift St. Stephan
  • Jesuitenkolleg (bereits 1773 aufgehoben und in die alte Universitätsbibliothek integriert)
  • ältere Universität

Hinzu kamen Bücher aus mehreren Klöstern und Stiften im Hochstift Bamberg:

  • Benediktinerabtei Banz
  • Zisterzienserabtei Langheim (mit der Kanzleibibliothek in Kulmbach)
  • Kapuzinerklöster in Höchstadt an der Aisch und in Gößweinstein
  • Franziskanerklöster in Kronach und Marienweiher
  • Franziskanerhospize in Forchheim und in Glosberg bei Kronach
  • Augustinerchorherrenstift Neunkirchen am Brand

Aus der Zeit vor der Säkularisation von 1802/03 haben sich für einige Klosterbibliotheken im Hochstift Bamberg handschriftliche Kataloge erhalten, die sich heute in der Staatsbibliothek und im Archiv des Erzbistums Bamberg befinden und einen Einblick in die ehemaligen Sammlungsstrukturen geben.

Literatur

Wolf, Irmgard: Die Säkularisierung der Stifts- und Klosterbibliotheken im Gebiet des Erzbistums Bamberg. Erlangen, 1952 (Katalog).

Schemmel, Bernhard: Die Säkularisation der Stifts- und Klosterbibliotheken. In: Bamberg wird bayerisch, Bamberg, 2003, S. 239–250 (Digitalisat).

Haus der Bayerischen Geschichte: Klöster in Bayern (Online-Angebot).

Fürsten und Bürger

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde der Bestand der Staatsbibliothek durch eine beachtliche Zahl an Bücherstiftungen bereichert, die zum Teil separat aufgestellt wurden. Daher lässt sich bisweilen noch heute anhand der Signaturen die Provenienz einzelner Teilsammlungen erkennen.

Bipontina

Nach Bamberg gelangte 1807/08 ein wesentlicher Teil der Büchersammlung des wittelsbachischen Herzogs Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken (1746–1795), eines Bruders des nachmaligen ersten bayerischen Königs Max I. Joseph. In der herzoglichen Bibliothek war auch die Büchersammmlung des Mediziners Johann Theophil Hoeffel (1704–1781) durch Ankauf aufgegangen. Nach der latinisierten Form des Ortsnamens Zweibrücken wird der Bamberger Bestand als Bipontina (Signaturbeginn „Bip.“) bezeichnet.

Die Zweibrücker Hofbibliothek befand sich bis zum späten 18. Jahrhundert im Schloss Karlsberg bei Homburg (im saarländischen Saarpfalz-Kreis). Um die Sammlung vor den anrückenden französischen Revolutionstruppen in Sicherheit zu bringen, wurde sie nach Mannheim verlagert; später gelangte sie nach Würzburg und schließlich nach Bamberg.

Heute umfasst der Bestand 11 400 Bände, die in der Staatsbibliothek Bamberg geschlossen aufgestellt sind. In einem historischen Schauraum der Neuen Residenz wird eine Auswahl von Büchern mit dekorativen goldgeprägten Einbänden präsentiert. Der thematische Schwerpunkt liegt auf französischer Literatur des 18. Jahrhunderts.

Einen Einblick in die Bibliotheca Bipontina gewährt eine virtuelle Ausstellung.

Literatur

Taegert, Werner: Zur Geschichte einer fürstlichen Büchersammlung. Sowie: Die Carlsberg-Bibliothek in der Staatsbibliothek Bamberg. In: Kunstschätze aus Schloß Carlsberg. Die Sammlungen der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken. Saarbrücken, 1989, S. 250–279 und S. 301–406 (Katalog).

Joseph Heller

Der früh verwaiste und reich beerbte Bamberger Kaufmannssohn Joseph Heller (1798–1849) trug zeitlebens eine umfangreiche und gattungsübergreifende Sammlung zusammen. Darunter vor- und frühgeschichtliche Funde, Münzen, Gemälde, Glasmalereien, Inkunabeln, Manuskripte, Handschriften und – zahlenmäßig weit überlegen – etwa 50 000 graphische Arbeiten vom 15. bis 19. Jahrhundert. Zur steten Erweiterung seiner Sammlung und zum intellektuellen Austausch bereiste er kulturell bedeutende Städte u. a. in Deutschland, der Steiermark, im damaligen Illyrien, Tirol und Italien. Zudem stand er in schriftlichen Kontakt mit namhaften Forschern, Kunstsammlern und Kunsthändlern, fertigte akribisch handschriftliche Notizen und publizierte seine Erkenntnisse in Nachschlagewerken, Künstler-Monographien und Aufsätzen. Heller sammelte für seine Schriften und schrieb für seine Sammlung.

Bereits seit den 1820er Jahren verband ihn eine Freundschaft mit Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847), der 1815 zum alleinigen Leiter der Königlichen Bibliothek wurde, und er setzte die Institution testamentarisch als Alleinerbin seines Nachlasses ein. Nachdem er 1849 verstarb, wurde seine Sammlung geschlossen der Bibliothek übergeben. Früher wie heute stellt die Heller-Graphik den Hauptanteil der qualitativ und quantitativ beachtlichen Graphiksammlung der Staatsbibliothek dar. Darunter befindet sich ein umfassender, noch heute weiter geführter Bestand von Porträts und topographischen Blättern der Region (vor allem Darstellungen der Fränkischen Schweiz), ferner seine Handbibliothek von 6000 Bänden sowie mehrere hundert Handschriften. Die Bibliothekssignaturen (Signaturbeginn „JH.“) geben Auskunft über die einstmalige Zusammengehörigkeit dieser Ergebnisse persönlicher Sammelleidenschaft.

Zahlreiche Digitalisate der sogenannten Helleriana und die vollständigen Korrespondenz sind bereits über die Bamberger Schätze frei zugänglich, die stetig ausgebaut werden. Die besondere Ordnung und aktive Auseinandersetzung Hellers mit seiner Sammlung war Ausgangspunkt für ein DFG-Projekt, im Rahmen dessen ein ausgewähltes Konvolut tiefenerschlossen, systematisch mit bibliothekarischen und kunsthistorischen Mitteln referenziert und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Literatur

Leitschuh, Friedrich: Joseph Heller (1798–1849) in seiner Bedeutung für die Kunstgeschichte. Vortrag gehalten am Geburtstage Heller’s 1876. Bamberg, 1876 (Digitalisat).

Leitschuh, Friedrich: Joseph Heller und die deutsche Kunstgeschichte. In: Katalog der Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Bamberg. Bd. 2: Die Handschriften der Helleriana. Bamberg, 1887, S. I–LIV (Digitalisat).

Leitschuh, Friedrich: Die Kunstsammlung der königlichen Bibliothek. In: Führer durch die königliche Bibliothek zu Bamberg. 2. Aufl. Bamberg, 1889, S. 144–202 (Digitalisat).

Schemmel, Bernhard: Joseph Heller (1798–1849). Graphiksammler und -forscher. In: Bericht Historischer Verein Bamberg 141 (2005), S. 177–180 (Katalog).

Ehrl, Franziska: Eine Freundschaft, eine Reise, eine Sammlung. Joseph Hellers (1798–1849) Nachlaß in der Staatsbibliothek Bamberg. In: Jahrbuch für Buch- und Bibliotheksgeschichte 3 (2018), S. 53–71 (Katalog).

Ehrl, Franziska; Juntunen, Eveliina: Joseph Heller und die Kunst des Sammelns. Ein Vermächtnis im Herzen Bambergs. Bamberg, 2020 (Digitalisat).

Ehrl, Franziska: Wissen stiften. Joseph Heller und die Vereine. In: Bericht Historischer Verein Bamberg 157 (2021), S. 269–282 (Katalog).

Hellers Publikationen, verzeichnet in Rahmen eines Themenportals von Arthistoricum.net (Online-Angebot).

Johann Lukas Schönlein

Der aus Bamberg stammende Professor der Medizin Johann Lukas Schönlein (1793–1864) wirkte nach Stationen in Würzburg und Zürich schließlich als Leibarzt des Königs Friedrich Wilhelm IV. in Berlin. Der Königlichen Bibliothek Bamberg ließ er bereits zu Lebzeiten immer wieder Schenkungen zukommen und vermachte ihr testamentarisch zahlreiche Bücher. Insgesamt gelangten aus seinem Besitz über 10 000 Bände in den allgemeinen Bestand, darunter geographische und historische Werke aus aller Welt. Anhand eines handschriftlichen Verzeichnisses lässt sich die Sammlung rekonstruieren, obwohl sie in Bamberg nicht separat aufgestellt wurde. Schönleins medizinische Fachbibliothek erhielt die Universität Würzburg.

Eine digitale Auswahl aus den Beständen der Staatsbibliothek Bamberg beleuchtet in den Bamberger Schätzen Leben, Wirken und Geltung Johann Lukas Schönleins.

Literatur

Schemmel, Bernhard: „... und ewig erklingen wird sein Ruhm ...“. Johann Lukas Schönlein (1793–1864). Arzt und Mäzen. Bamberg, 1993 (Digitalisat).

Schemmel, Bernhard: Johann Lukas Schönlein (1793–1864) als Büchersammler. In: Librarium 38 (1995), Heft 3, S. 183–198 (Digitalisat).

Manger, Bernhard: Johann Lucas Schönlein und die Geburt der modernen Medizin. Berlin, 2023 (Katalog).

Thomas Dempster Gordon

Die wertvolle bibliophile Sammlung des Schotten Thomas Dempster Gordon (1811–1894) erhielt die Staatsbibliothek Ende des 19. Jahrhunderts als Geschenk. Einer wohlhabenden Familie entstammend, hatte Gordon seinen Dienst als Captain der Royal Navy vorzeitig aufgegeben und widmete sich fortan als Privatier ausgedehnten Reisen durch ganz Europa. In Bad Kissingen lernte er seine Frau kennen, in deren Heimatstadt Bamberg das Paar seinen Lebensabend verbracht

Den Mittelpunkt der Mußezeit Gordons nahm seine stattliche Bibliothek von mehr als 3000 Bänden ein, deren Grundstock erlesene Bücher aus Familienerbe waren. Die Bücher umspannen einen Erscheinungszeitraum von drei Jahrhunderten, mit zunehmendem Schwergewicht ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Vorherrschend sind qualitätvoll illustrierte Werke der Weltliteratur in originalsprachlichen Ausgaben neben Titeln aus den Fächern Geschichte, Geographie und Landeskunde Europas sowie Biographien von Staatsmännern und Militärs. Rare Erstdrucke, meisterhaft gearbeitete Einbände und berühmte Vorbesitzer werten die Sammlung Gordon zusätzlich auf. Gordons Schwager, dem die Bücherschätze nach dem Tod des Ehepaars Gordon zufiel, überließ die Sammlung der Königlichen Bibliothek in Bamberg, Vorläuferin der heutigen Staatsbibliothek.

Literatur

Books collected by the bibliophile Thomas Dempster Gordon (1811–1894), Captain Royal Navy, in Bamberg State Library. Bamberg, 2001 (Katalog).

Die bibliophile Sammlung des Thomas Dempster Gordon (1812–1894), Captain der Royal Navy. Bamberg, 2001 (Katalog).

Emil Marschalk von Ostheim

Den Nachlass des Emil Marschalk von Ostheim (1841–1903), eines an genealogischen, heraldischen und lokalhistorischen Forschungen interessierten Freiherrn, kennzeichnet der Signaturbeginn „MvO“. Der Bestand enthält unter anderem eine Sammlung auch entlegener Kleinschriften zur Revolution von 1848 und wurde durch einen 1911/12 von Hans Fischer publizierten Katalog weithin bekannt.

Literatur

Fischer, Hans: Katalog der Bibliothek des Freiherrn Emil Marschalk von Ostheim. 3 Bde. Bamberg, 1911/12 (Bd. 1: Digitalisat, Bd. 2: Digitalisat und Bd. 3: Digitalisat).

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