Handschriften

Die Staatsbibliothek Bamberg verwahrt heute insgesamt rund 6400 Handschriften, darunter 1000 mittelalterliche Codices und Fragmente. Sie gelangten im Zuge der Säkularisation von 1802/03 aus Stiften und Klöstern des ehemaligen Hochstifts Bamberg in die Sammlung.

Handschriften in München

Im Zuge der Säkularisation wurden sechs herausragende Handschriften nach München überführt, wo sie heute in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrt werden:

Evangeliar aus Mainz (Clm 4451)
Perikopenbuch Heinrichs II. (Clm 4452)
Evangeliar Ottos III. (Clm 4453)
Reichenauer Evangeliar (Clm 4454)
Sakramentar Heinrichs II. (Clm 4456)
Heliand (Cgm 25)

Weltdokumentenerbe

Herausragende Zeugnisse der um die Jahrtausendwende blühenden Buchmalerei sind die Bamberger Apokalypse (Msc.Bibl.140) und der Kommentar zum Hohelied, zum Buch der Sprichwörter und zum Buch Daniel (Msc.Bibl.22), die aus dem Skriptorium des Benediktinerklosters auf der Insel Reichenau im Bodensee stammen. Die beiden Reichenauer Handschriften wurden im Jahr 2003 in das Programm Memory of the World der UNESCOaufgenommen.

Im Jahr 2013 folgte die Aufnahme des Lorscher Arzneibuchs (Msc.Med.1), das um 800 in der südhessischen Benediktinerabtei Lorsch entstand und das älteste medizinisch-pharmazeutische Buch des abendländischen Frühmittelalters ist.

Alle drei von der UNESCO ausgezeichneten Handschriften sind über die Bamberger Schätze zugänglich.

Dombibliothek

Als der spätere Kaiser Heinrich II. (973–1024) im Jahr 1007 das Bistum Bamberg gründete, stattete er den Dom und die Dombibliothek mit Büchern für die Liturgie und die Ausbildung der Kleriker aus. Heute befinden sich noch 165 Codices und Handschriftenfragmente in der Staatsbibliothek Bamberg, die vor dem Tod des Bistumsgründers entstanden sind und daher nachweislich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als Teil seiner Stiftung nach Bamberg gelangten. Sie sind über die Kaiser-Heinrich-Bibliothek online zugänglich. Damit verfügt die Staatsbibliothek über die weltweit einzige, weitgehend geschlossen erhaltene kaiserliche Bibliothek des späten Frühmittelalters.

Die Domschule erwarb schon im ersten Jahrhundert ihres Bestehens hohen Rang. In ihrem Umkreis sammelten sich Handschriften, die noch heute Bamberg nicht zuletzt für die internationale Kanonistikforschung und Latinistik unentbehrlich machen. Bei den ältesten Schriftdenkmälern der Staatsbibliothek Bamberg handelt es sich um Fragmente eines Livius-Textes (Msc.Class.35a), die auf die Mitte des 5. Jahrhunderts datiert werden.

Michaelsberger Skriptorium

Dank kaiserlicher Stiftungen besaß auch die 1015 gegründete Benediktinerabtei auf dem Michaelsberg eine reiche Büchersammlung. Nach der Reform durch Bischof Otto I. den Heiligen (gestorben 1139) erlebte das Skriptorium des Klosters eine Blütezeit. Das Bamberger Schreiberbild in einer Handschrift mit Werken des Kirchenvaters Ambrosius (Msc.Patr.5) stellt die handwerklichen Arbeitsschritte beim Entstehen eines Buches dar. Die wichtigsten Michaelsberger Handschriften sind bereits digitalisiert und über die Bamberger Schätze einsehbar.

Klosterbibliotheken

Aus der Zeit vor der Säkularisation haben sich für einige Klosterbibliotheken im Hochstift Bamberg handschriftliche Kataloge erhalten, die sich heute in der Staatsbibliothek und im Archiv des Erzbistums Bamberg befinden und einen Einblick in die ehemaligen Sammlungsstrukturen geben. Nach der Übernahme wurden die Handschriften im 19. Jahrhundert nach Sachgebieten aufgestellt. Da für Druckschriften teilweise ähnliche Signaturen in Gebrauch sind, beginnen die Signaturen von Handschriften mit „Msc.“ (Manuscriptum).

Bambergensien

Der erste Bibliothekar der 1803 gegründeten Bibliothek, Heinrich Joachim Jaeck (1777–1847), trug eine eigene Sammlung von Bambergensien zusammen. Sie ist ebenfalls sachlich gegliedert (RB.Msc., Msc.Misc.). Handschriften mit Bezug auf Bamberg finden sich ferner in den Sammlungen des Graphikkenners Joseph Heller (JH.Msc.) und des Privatgelehrten Emil Marschalk von Ostheim (MvO.Msc.). Die Handschriften des Historischen Vereins Bamberg, eines Depositums, sind aus einem größeren, ursprünglich sachlich geordneten Komplex mit Archivalien herausgelöst (HV.Msc.).

Stammbücher

Der Bestand an Stammbüchern des 16. bis 20. Jahrhunderts in der Staatsbibliothek Bamberg umfasst mehr als 700 Objekte. Er nimmt innerhalb von Bayern eine Spitzenstellung ein und stellt eine der bedeutendsten Sammlungen in Deutschland dar. Dank einer breit angelegten Erwerbungspolitik entstand auf der Grundlage regional geprägter Nachlässe von Joseph Heller (1798–1849) und Emil Marschalk von Ostheim (1841–1903) eine Sammlung von bemerkenswerter zeitlicher wie räumlicher Spannweite, die einen eindrucksvollen Überblick über die vielfältigen Erscheinungsformen und Wandlungen dieses Buchtyps vermittelt. So ist heute anhand des Bamberger Bestands die Entwicklung des Stammbuchs von dessen Anfängen in der Reformationszeit über die Blütezeit der Gattung im 18. Jahrhundert und das Massenphänomen des Poesiealbums des 19. Jahrhunderts bis hin zu kommerzialisierten Industrieprodukten der Gegenwart nachvollziehbar.

Bücher fränkischer und süddeutscher Provenienz bilden den Schwerpunkt, daneben ist aber auch eine beträchtliche Zahl von Beispielen aus Norddeutschland vorhanden. Die Herkunft der Eintragungen dokumentiert europaweite Verbindungen der Stammbucheigner und eine große Bandbreite akademischer, beruflicher und sozialer Milieus. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts legten dann zunehmend auch Frauen derartige Alben an. Durch die individuelle Gestaltung der autographen Einträge und künstlerische Beigaben entstanden Blätter von beachtlicher visueller Attraktivität. Neben etwa 550 Alben in Buchform sind in der Graphischen Sammlung der Staatsbibliothek Bamberg mehr als 160 Einzelblätter aus aufgelösten Alben oder aus Kassetten mit lose eingelegten Blättern vorhanden.

Neuerwerbungen

Die Handschriftensammlung wird kontinuierlich erweitert. Durch Neuerwerbungen wächst insbesondere die Sammlung an neuzeitlichen Stammbüchern des 16. bis 20. Jahrhunderts, von denen viele fränkischer Herkunft sind. Gelegentlich können auch bedeutende mittelalterliche Handschriften erworben werden, wozu jedoch die großzügige Unterstützung durch Drittmittelgeber wie die Oberfrankenstiftung, die Ernst von Siemens Kunststiftung und die Kulturstiftung der Länder unabdingbar ist.

Literatur

Beschreibungen der mittelalterlichen und neuzeitlichen Handschriften bieten die gedruckten Kataloge.

Handschriften aus dem Augustiner-Chorherrenstift Neunkirchen am Brand. Neunkirchen am Brand, 1989 (Katalog).

Schreibkunst. Mittelalterliche Buchmalerei aus dem Kloster Seeon. Augsburg, 1994 (Katalog).

Taegert, Werner: Edler Schatz holden Erinnerns. Bilder in Stammbüchern der Staatsbibliothek Bamberg aus vier Jahrhunderten. Bamberg, 1995 (Digitalisat).

Pfändtner, Karl-Georg: Illuminierte Bologneser Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg. Bamberg, 1996 (Digitalisat).

 

Top