Der Vortrag findet ausschließlich als Präsenzveranstaltung statt: Volkshochschule Bamberg Stadt, Großer Saal, Tränkgasse 4, 96052 Bamberg. Eine Online-Übertragung wird nicht angeboten. Der Eintritt ist frei.
Drei Prachthandschriften, die Heinrich II. für den Bamberger Dom stiftete, zeigen einen ikonographisch höchst auffälligen Einsatz von Purpur als Porphyr-Äquivalent, so das Perikopenbuch Heinrichs II. und das Seeoner Evangelistar. Insbesondere im Reichenauer Evangeliar Heinrichs II. werden die Säulen der Kanontafeln, die in den vorbildhaften karolingischen Handschriften noch aus Buntmarmor waren, systematisch durch Säulen aus Porphyr ersetzt. Da es sich bei den kopierten Säulen der Karolingerzeit jedoch wiederum um Zitate der Salomonischen Säulen des Grabs des Apostelfürsten in Alt-St. Peter handelte, kann die Transformation römischen Marmors in Porphyr-Purpur auch als bewusste Anknüpfung an die ottonische „Purpur-Politsemantik“ unter Otto II. und Theophanu sowie deren Fortsetzung unter Otto III. gesehen werden.
Nun stammte Heinrich II. aber als Sohn des mit den sächsischen Ottonen verfeindeten Heinrich des Zänkers aus der bayerischen Ottonen-Seitenlinie. Daher musste er über Jahre hinweg um die Anerkennung als König und rechtmäßiger Nachfolger Kaiser Ottos III. kämpfen. Erst 1014 wurde er in der Basilika St. Peter von Papst Benedikt VIII. zum Kaiser gekrönt. Sein unsicheres König- und Kaisertum musste er durch besonderen Legitimationsaufwand begründen und absichern. Von der deutlich stärker byzantinisch geprägten Purpur-Politsemantik der sächsischen Ottonen setzt sich Heinrich ab durch den neuen Stil seiner Handschriftenstiftungen mit abundanter Purpur-Porphyr-Topologie sowie die Gründung des Bistums Bamberg im Jahr 1007 mit ebenfalls reichen Stiftungen liturgischer Prachthandschriften.
Als These soll vorgestellt werden, wie der später als einziger deutscher Kaiser heiliggesprochene Heinrich II. durch strategischen Einsatz von Purpur-Porphyr eines erreicht: Er ersetzt den Wahlspruch Ottos III. einer „Renovatio imperii Romanorum“ durch eine „Wiederherstellung des Königtums der Franken“ und wendet sich von einer auf Rom zentrierten Politik. Rom substituiert er durch Bamberg, jene Stadt, die Gerhard von Seeon in Heinrichs Auftrag im sogenannten „Carmen Bambergense“ als „neues Rom“ und „Haupt der Welt“ rühmt. Verkündet und vermittelt wird dies der Welt aber durch eine Umwertung von Purpur-Porphyr, denn das neue fränkische Rom ist sinnbildlich auf Porphyr gebaut.
Prof. Dr. Stefan Trinks leitet seit Oktober 2017 das Kunstressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Im Wintersemester 2022/23 vertritt er die Professur für Kunstgeschichte des Mittelalters an der TU Dresden. Nach dem Studium der Kunstgeschichte, der Geschichte, der Klassischen und Mittelalterlichen Archäologie in Bamberg und Berlin folgten eine Dissertation zur Renaissance-Skulptur des elften Jahrhunderts am Jakobsweg und die Habilitation über eigenbewegte Stoffe vom frühen Mittelalter bis in die zeitgenössische Kunst sowie zehn Jahre universitäre Lehrerfahrung und Beiträge zur Kunst von den Steindarstellungen in früh- und hochmittelalterlichen Handschriften bis zur christlichen Bildsprache aktueller Musikvideos.
Erster Vortrag der zwölfteiligen Reihe Bamberger Buch-Geschichten 2022/23, ausgerichtet von der Staatsbibliothek Bamberg in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Volkshochschule Bamberg Stadt sowie dem Colloquium Historicum Wirsbergense und dem Historischen Verein Bamberg. Die ersten zwei Vorträge am 19. und 25. Oktober 2022 finden als Präsenzveranstaltungen statt, alle übrigen Geschichten können Sie online verfolgen.