Kaiser-Heinrich-Bibliothek

Die 165 Codices und Handschriftenfragmente der Staatsbibliothek Bamberg, die nachweislich oder mit großer Wahrscheinlichkeit auf Kaiser Heinrich II. (gestorben 1024) zurückgehen, werden in der Kaiser-Heinrich-Bibliothek digital präsentiert.

Historie

Mit der Gründung des Bistums Bamberg im Jahre 1007 durch den späteren Kaiser Heinrich II. (973–1024) gelangten als erlesene Grundausstattung sukzessive wertvolle Handschriften in den Bamberger Domschatz und in die Dombibliothek. Diese wurden entweder aus anderen Bibliotheken für Bamberg gestiftet oder durch Heinrich II. gezielt für seine Bistumsgründung in Auftrag gegeben.

Im Zuge der Säkularisation 1802/03 gingen die Bibliotheken der Stifte und Klöster des aufgelösten Hochstifts Bamberg in das Eigentum des bayerischen Staats über. Sie wurden fast vollständig in die Kurfürstliche Bibliothek, die heutige Staatsbibliothek Bamberg, überführt. Sechs herausragende frühmittelalterliche Handschriften, darunter das Perikopenbuch Heinrichs II. und das Evangeliar Ottos III. aus dem Bamberger Domschatz und die Heliand-Handschrift aus der Dombibliothek, wurden der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek in München zugewiesen.

Die auf Heinrich II. zurückgehende Büchersammlung überstand die Zeitläufte im Kern unbeschadet. Im Bestand der Staatsbibliothek Bamberg befinden sich heute 165 Codices und Handschriftenfragmente aus der Zeit vom fünften Jahrhundert bis um 1024, dem Todesjahr Heinrichs II. Damit verfügt die Staatsbibliothek Bamberg über die weltweit einzige, weitgehend geschlossen erhaltene kaiserliche Bibliothek des späten Frühmittelalters.

Zwei Reichenauer Prachthandschriften der ersten Jahrtausendwende wurden 2003 in das UNESCO-Register Memory of the World aufgenommen: die Bamberger Apokalypse (Msc.Bibl.140) sowie eine Kommentarhandschrift zum Hohelied, zum Buch der Sprichwörter und zum Buch Daniel (Msc.Bibl.22). 2013 wurde auch das Anfang des 9. Jahrhunderts geschriebene Lorscher Arzneibuch (Msc.Med.1) aus der vormaligen Dombibliothek zum Weltdokumentenerbe erklärt.

Projektziel

Diese einzigartige Bibliothek einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erforschung der einzelnen Handschriften sowie des gesamten Ensembles zu erleichtern, ist das zentrale Anliegen des Digitalisierungsprojekts. In enger Kooperation mit der Bayerischen Staatsbibliothek München und mit finanzieller Unterstützung der Oberfrankenstiftung stellt die Staatsbibliothek Bamberg diese 165 Handschriften digital und kostenlos im Internet zur Verfügung. Ein zusätzlicher Mehrwert entsteht durch die Anreicherung der Digitalisate mit Strukturdaten.

Auswahl, Datierung und Lokalisierung

Die Staatsbibliothek Bamberg besitzt insgesamt rund 1000 mittelalterliche Handschriften. Für das Digitalisierungsprojekt wurden davon neben den rund 40 Handschriften, die nachweislich auf Heinrich II. zurückgehen, auch diejenigen berücksichtigt, bei denen es von der Datierung her wahrscheinlich ist, dass sie von diesem Kaiser (gestorben 1024) nach Bamberg gestiftet wurden. Dabei wurde bewusst großzügig verfahren: So fanden beispielsweise Handschriften mit einer Datierung auf die 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts oder auf das 1. Drittel des 11. Jahrhunderts Aufnahme in das Projekt, solche mit einer Datierung auf das 2. Viertel des 11. Jahrhunderts oder auf die Mitte des 11. Jahrhunderts hingegen nicht.

Allerdings ist die Frage der Datierung der einzelnen Handschriften in der Forschung oft sehr umstritten. Da es aber nicht Aufgabe des Projekts war, sich in diese Forschungskontroversen zu verstricken oder sie gar zu lösen, wurde ein strikt formales Vorgehen gewählt: Für die Datierung (und auch für die Lokalisierung) wurde zunächst der jüngste der Kataloge zum Bamberger Handschriftenbestand herangezogen (Suckale-Redlefsen 2004). Für die dort nicht angeführten Handschriften wurde der zweitjüngste Katalog (Bischoff 1998) konsultiert und die dortigen Datierungen (und Lokalisierungen) übernommen. Schließlich fand noch der Katalog der Monumenta Germaniae Historica (Hoffmann 1995) Berücksichtigung; es wurden all diejenigen dort verzeichneten Handschriften für das Projekt ausgewählt, die in den beiden anderen Katalogen nicht aufgeführt sind, nach der Datierung Hoffmanns jedoch durchaus zur Bibliothek Heinrichs II. gehört haben können. Diese Kriterien gewährleisten, dass angesichts der oft strittigen und unsicheren Datierungen die Handschriftenauswahl für das Projekt möglichst weitmaschig vorgenommen wurde.

Die Codices wurden grundsätzlich komplett digitalisiert, um den Gesamtkontext nicht zu zerstören. Bei einigen wenigen Sammelhandschriften führt dies dazu, dass neben den älteren Beibänden auch solche Beibände in der Kaiser-Heinrich-Bibliothek Aufnahme fanden, die aufgrund ihres relativ jungen Alters definitiv nicht auf Heinrich II. zurückgehen können.

Katalogbeschreibungen

Zu fast allen Handschriften der Kaiser-Heinrich-Bibliothek existieren Beschreibung im Handschriftenkatalog der Staatsbibliothek Bamberg, den Friedrich Leitschuh und Hans Fischer von 1895 bis 1908 veröffentlichten. Obwohl dieser Katalog inzwischen über 100 Jahre alt und damit nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Forschung ist, bietet er auch heute noch großen Nutzen, da er weiterhin einen hervorragenden ersten Einstieg in Struktur, Inhalt und Provenienz der Bamberger Handschriften gewährt.

Liegt der Fokus des Katalogs von Leitschuh/Fischer auf der philologischen Beschreibung der Handschriften, so stellt der im Jahre 2004 publizierte zweibändige Katalog von Gude Suckale-Redlefsen zu den Handschriften des 8. bis 11. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg den kunsthistorischen Aspekt in den Vordergrund. Das Werk von Suckale-Redlefsen ist zwar auf einem deutlich aktuelleren Forschungsstand als das von Leitschuh/Fischer, berücksichtigt jedoch lediglich die illuminierten Handschriften. Somit liegen nur für gut die Hälfte der Handschriften Beschreibungen von Suckale-Redlefsen vor.

Forschungsdokumentation

Unsere Forschungsdokumentation weist wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Literatur nach, die zur jeweiligen Handschrift veröffentlicht und uns bekannt wurde. Dies reicht von der kurzen Nennung in einer Fußnote über den Aufsatz bis hin zur Monographie. Ebenfalls berücksichtigt werden Publikationen, die Abbildungen Bamberger Handschriften lediglich mit schmückender Absicht verwenden, im Text aber keinen Bezug auf diese Handschriften nehmen. Die Daten werden in einer Online-Datenbank laufend gepflegt.

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