Das 1015 gegründete Kloster Michaelsberg verfügte im 12. Jahrhundert über ein professionelles Skriptorium, in dem liturgische Bücher mit notierten Gesängen für den Gebrauch im Gottesdienst des Klosters hergestellt wurden. Nur wenige dieser Manuskripte sind heute vollständig erhalten. Bücher aus der Bibliothek und dem Skriptorium des Klosters Michaelsberg enthalten aber zahlreiche Fragmente mit Musiknotation, die bis heute weitgehend unerforscht sind und bedeutsame Erkenntnisse zur mittelalterlichen Musikausübung am Kloster erlauben.
Dr. Andreas Janke und Dr. Miriam Wendling zeigen, wie es gelingt, die oft noch eingebundenen Fragmente zueinander in Beziehung zu setzen, um daraus ein präziseres Bild der Musikpraxis am Michelsberg zu erhalten. Als bemerkenswertes Beispiel lokaler Musikgeschichte stellen sie ein Offizium für Maria Magdalena vor, das im 12. Jahrhundert neu ins Kloster eingeführt wurde. Zudem geben sie einen Ausblick über erforderliche Schritte zur vollständigen Erschließung, Katalogisierung und Erforschung aller erhaltenen Fragmente mit Musiknotation, die heute an der Staatsbibliothek Bamberg verwahrt werden.
Dr. Andreas Janke studierte historische Musikwissenschaft und Italianistik in Hamburg und Pavia (Italien). 2015 promovierte er mit einer Arbeit über weltliche Kompositionen um 1400, die ausschließlich in einer Florentiner Palimpsesthandschrift überliefert sind. Von 2019 bis 2022 führte er am Exzellenzcluster „Understanding Written Artefacts – Material, Interaction and Transmission in Manuscript Cultures“ (Universität Hamburg) ein Projekt mit einem Schwerpunkt zur Materialanalyse von mittelalterlichen Musikmanuskripten.
Dr. Miriam Wendling studierte historische Musikwissenschaft und Mediävistik (Northwestern University, University of Toronto). Sie promovierte 2012 an der University of Cambridge mit einer Arbeit über die Musiknotation in Handschriften des Bamberger Doms. Zwischen 2012 und 2015 war sie Stipendiatin an der Universität Hamburg und der Isa Lohmann-Siems Stiftung. Seit 2016 arbeitet sie an der KU Leuven (Belgien). Ab September 2022 ist sie “Richard H. Brown/William Lloyd Barber and Mellon Foundation Fellow” an der Newberry Library (Chicago, IL, USA).
Dieser Vortrag ist der sechste innerhalb der zwölfteiligen Reihe Bamberger Buch-Geschichten 2022/23. Die Vortragsreihe wird in Zusammenarbeit mit der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der Volkshochschule Bamberg Stadt, dem Colloquium Historicum Wirsbergense und dem Historischen Verein Bamberg durchgeführt.
Dieser Vortrag wird auf Wunsch der Referenten nicht aufgezeichnet.