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Bamberger Heiltumsbücher – Reliquienkult und Buchkultur am Ende des Mittelalters

Prof. Dr. Peter Schmidt spürt in seinem Vortrag jenen Katalogen nach, die Aufschluss über heute verlorene Reliquien von Heiligen geben.

Doppelseite aus dem Bamberger Heiltumsbuch in der Ausgabe des Johann Pfeil von 1509 mit zwei Holzschnitten. Links die Prozession mit dem Reliquienschrein Kaiser Heinrichs II. Bamberg, 1509 | SBB, HV.Rar.101, Bl. 1v-2r

Doppelseite aus dem Bamberger Heiltumsbuch in der Ausgabe des Johann Pfeil von 1509 mit zwei Holzschnitten. Links die Prozession mit dem Reliquienschrein Kaiser Heinrichs II. Bamberg, 1509 | SBB, HV.Rar.101, Bl. 1v-2r

Nicht viel ist geblieben von den Schätzen, die man im Mittelalter und bis in die frühe Neuzeit als den kostbarsten Besitz des Doms und der anderen Bamberger Kirchen ansah: Die umfangreichen Sammlungen von Reliquien der Heiligen. Seit dem späten Mittelalter wurden sie in teils prächtigen Reliquiaren mehrmals öffentlich zusammen ausgestellt, was große Menschenmengen anzog. Mit der Säkularisation wurden diese immateriellen wie materiellen Schätze zu einem großen Teil zerstreut oder vernichtet.

Einzigartige Zeugnisse dieser vergangenen Pracht und Kultpraxis sind die sogenannten Heiltumsbücher – bebilderte Kataloge dieser Schätze –, die zwischen 1493 und 1509 produziert wurden. Bedeutend sind sie aber nicht nur als Dokumente eines verlorenen Teils der religiösen Kultur Bambergs, sondern in ihrer Gesamtheit als Medienphänomen und in ihrer Individualität als herausragende Zeugnisse der Buchkultur in den Jahrzehnten um 1500.

Im Mittelpunkt des Vortrags wird das prächtige handgeschriebene und -gemalte Heiltumsbuch stehen, das sich heute in der British Library in London befindet. Zu verstehen ist dieses nur im Kontext der älteren gedruckten Heiltumsbücher, deren beste zusammenhängende Sammlung sich in der Staatsbibliothek Bamberg befindet. Der Vortrag stellt aktuelle Forschungen zu diesem Codex vor und damit ein zu Unrecht wenig bekanntes Kapitel der Bamberger Buchgeschichte.

Prof. Dr. Peter Schmidt lehrt Kunstgeschichte des Mittelalters an der Universität Hamburg. Er wurde 1995 an der TU Berlin mit einer Arbeit über die Illustration von Handschriften in der Umbruchphase zwischen manueller Herstellung und Druck im 15. Jahrhundert promoviert. Fragen der Mediengeschichte und des Verhältnisses zwischen Bildern und Texten ziehen sich als roter Faden durch seine Forschungen. Der Habilitation an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main 2008 folgten eine Gastprofessur an der Humboldt-Universität in Berlin, die Mitarbeit an der Ausstellung „Origins of European Printmaking“ in Washington und Nürnberg und ab 2009 die Tätigkeit für den Katalog der deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 2014 wurde er auf die Professur für Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Mittelalter an der Universität Heidelberg berufen, 2016 bekleidete er eine Gastprofessur an der Universität Fribourg (Schweiz), bis er 2017 dem Ruf an die Universität Hamburg folgte.

Dieser Vortrag ist der vierte innerhalb der dreizehnteiligen kostenfreien Online-Vortragsreihe Bamberger Buch-Geschichten. Von Oktober 2021 bis Februar 2022 erzählen Referentinnen und Referenten immer dienstags, in der Regel um 19:00 Uhr, Geschichten über Bücher und andere in Bibliotheken verborgene Schätze.

Dieser Vortrag wird auf Wunsch des Referenten nicht aufgezeichnet.

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